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Die Chancen atomarer Abrüstung jetzt nutzen

04. Aug 2008

Erklärung des Geschäftsführenden Vorstandes zum Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945

Vor 63 Jahren, am 6.8.1945, warfen die USA die erste atomare Bombe auf die japanische Stadt Hiroshima ab, am 9.8. folgte der zweite Abwurf auf die Stadt Nagasaki. Damit endete der Zweite Weltkrieg auch auf seinem pazifischen Kriegsschauplatz. Dieser erste Einsatz von Kernwaffen in der Geschichte der Menschen mit all seinen katastrophalen Folgen ist bis heute ein Wendepunkt in der Erfahrung von Kriegen. Die große Zahl der unmittelbaren Opfer – gerade unter der zivilen Bevölkerung – und das Schicksal der Opfer, die bis heute unter den Spätfolgen leiden, sind eine bleibende Mahnung und Warnung vor der Herstellung, der Weitergabe und dem Einsatz atomarer Waffen und von Massenvernichtungswaffen allgemein. In der japanischen Verfassung führte die Erfahrung zu einem Verbot von Atomwaffen und Angriffskriegen, dem allerdings derzeit die Aufweichung droht.

Die geschichtliche Erfahrung von Hiroshima und Nagasaki ist für uns der Anlass, an die immer noch bestehende Realität atomarer Waffensysteme zu erinnern und ihre Abschaffung zu fordern. Es kommt in der gegenwärtigen Situation darauf an, die Logik nuklearer Abschreckung zu überwinden und die Bemühungen um eine ernsthafte weltweite nukleare Abrüstung neu zu beginnen. Darin sind alle Staaten einzubeziehen, die bekanntermaßen über Nuklearwaffen verfügen. Auch jene Staaten, die neu den Aufbau eigener nuklearer Potentiale anstreben, müssen von dem Ziel eines weltweiten Atomwaffenverzichts überzeugt werden.

Aus der gegenwärtigen Situation ergeben sich für pax christi folgende Forderungen:

Wenn deutsche Außen- und Sicherheitspolitik glaubwürdige Friedenspolitik sein will, muss Deutschland darauf verzichten, sich an der Bereithaltung von atomaren Waffen zu beteiligen. Es muss die Nato-Verbündeten drängen, die noch vorhandenen Arsenale aus der Bundesrepublik zu entfernen. Eine Beendigung der nuklearen Teilhabe ist auch Voraussetzung für die atomare Abrüstung innerhalb der EU.

Im Rahmen der Nato sollte die deutsche Regierung für eine Änderung der bestehenden Nuklearstrategie mit dem Ziel einer allgemeinen nuklearen Abrüstung werben. So könnte zum 60-sten Gründungstag des transatlantischen Bündnisses eine neue, nicht-nukleare Perspektive eingeleitet werden. Geist und Logik atomarer Abschreckung, die maßgeblich am Anfang der Nato standen, sollten nunmehr endgültig überwunden werden.

International bietet die für 2010 geplante Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrages die Chance, einen entscheidenden Schritt zur weltweiten atomaren Abrüstung zu tun, der alle Atommächte einbezieht. Nur mit einer Vereinbarung über die Abschaffung aller Atomwaffen kann den Risiken einer unkontrollierten Weitergabe von Atomwaffen entgegengetreten werden. Im Interesse einer umfassenden menschlichen Sicherheit muss diese Abrüstung auch taktische und substrategische Atomwaffen sowie ihre Trägersysteme einschließen. Die sukzessive Schaffung atomwaffenfreier Zonen z.B. in Europa und im Nahen Osten kann ebenfalls einen wesentlichen Baustein zur Nonproliferationspolitik und Abrüstung darstellen. Die Abschaffung aller Atomwaffen vermindert nicht zuletzt das Risiko der terroristischen Nutzung nuklearen Materials.

Von der katholischen Kirche erwarten wir eine grundsätzliche und eindeutige Ächtung der Atomwaffen. In ihren friedensethischen Schriften haben die katholischen Bischöfe zwar die Anwendung von Massenvernichtungswaffen abgelehnt, aber in der atomaren Abschreckung einen Beitrag zur Kriegsverhütung gesehen und deshalb Atomwaffen trotz ihrer Risiken für „noch“ tolerierbar gehalten. Dieses „Noch“ wurde in der jüngsten Verlautbarung der Kommission Justitia et Pax kritisch überprüft, aber keineswegs überwunden.
Spätestens jetzt hat jedoch die begrenzte Tolerierung atomarer Waffensysteme ihre Grundlage verloren – angesichts des erkennbar wachsenden Risikos der unkontrollierten Ausbreitung solcher Waffen und neuer Rüstungswettläufe. Aus der Sicht einer im Evangelium selbst begründeten vorrangigen Option für Gewaltfreiheit muss die Deutsche Bischofskonferenz jeder Drohung mit Massenvernichtungswaffen eine klare und endgültige Absage erteilen.

pax christi selbst unterstützt die Kampagne „Gemeinsam gegen Atomwaffen“ und setzt sich derzeit vorrangig für eine atomwaffenfreie Zone und eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen und Mittleren Osten ein.